30•09•2021 ••

Teurer Handyschrott

Fast 200 Millionen Handys liegen laut einer Bitkom-Studie aus dem letzten Jahr ungenutzt in deutschen Schränken und Schubladen. Ich überschlage mal grob: Zieht man die jüngsten und ältesten Bundesbürger:innen ab, dann sind das 3 Handys pro Person …


Mit schlechtem Gewissen hab ich sofort in meinen Schrank geschaut, wo ungenutzte Elektronik landet.


Immerhin nur eines, die anderen ausgemusterten Geräte der letzten Jahre hatten immer dankbare Abnehmer bei meinem Nachwuchs gefunden. Aber auch das ist schon eines zu viel, denn in den Geräten stecken 50 bis 60 wertvolle Metalle und Edelmetalle – Silber, Gold, Platin, Kupfer, Nickel, Kobalt und Lithium. Der Elektroschrott im Büroschrank bedeutet also eine gigantische Rohstoffverschwendung.

Wohin mit den alten Handys?

Diese Rohstoffe einer ordentlichen Verwertung zuzuführen, ist allerdings gar nicht so einfach, und daran sind auch die Hersteller schuld. Denn viele Sammelstellen, etwa bei der Telekom, nehmen zwar Althandys an, allerdings aus Brandschutzgründen nur ohne Akku. Dummerweise kann man die aber bei den wenigsten Handys rausnehmen, meist sind sie fest verklebt. Dieses Problem könnte ich für die Zukunft lösen, indem ich mich beim nächsten Handy für ein modulares Gerät entscheide, etwa von Shiftphone oder Fairphone. Allerdings verstehe ich jeden, der bei seiner gewohnten Marke bleiben möchte, das Übertragen aller Einstellungen ist auch so schon nervig genug …

Es gibt eine tolle Initiative des Naturschutzbund Nabu, der das Problem auf sehr konstruktive Weise löst: Die Naturschützer stellen Handysammelboxen auf, wo das komplette Althandy eingeworfen werden darf. Im Internet findet man auf der Nabu-Seite Standorte; Einzelhändler, Vereine oder sogar Privatpersonen können beim Nabu auch Sammelboxen kostenfrei bestellen und selbst zum Handysammler werden. Kleine Nebenbemerkung: Ich hab mich natürlich gefragt, warum das weniger brandgefährlich sein soll – und hab gelernt: Die typische Situation, in der Lithium-Ionen-Akkus Feuer fangen, ist beim Ladevorgang. Und immerhin hat die Deutsche Post offenbar kein Problem damit, die vollen Nabu-Sammelboxen zu transportieren.

Die Recycling-Initiative des Nabu

Die eingesammelten Handys kommen zur Firma AfB in Ettlingen bei Karlsruhe. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, gebrauchte Handys, aber auch PCs, Laptops, Monitore und Drucker wiederaufzubereiten. Was sich ohne großen Eingriff wiederverkaufen lässt, geht direkt in den Handel. Mitarbeiter der Firma bauen dann bei den defekten Handys den Akku aus, diese werden gesondert gesammelt. Alles andere kommt in einen großen Schredder. Zusammen mit nicht mehr wiederverkäuflichen Datenträgern wie Computerfestplatten hat die Firma im Jahr 2020 gut 18,5 Tonnen Schreddergut produziert.

Aus diesem Schreddergut lassen sich durch verschiedene Abscheidungsverfahren – magnetisch, in Wasser usw. – die einzelnen Metalle voneinander trennen. Dabei erreichen die Verwerter eine Quote von 85 Prozent, die zurück in den Stoffkreislauf gelangen – eine Quote, von der deutsche Kunststoffrecycler nur träumen können. Auch die wertvollen Rohstoffe in den Akkus können zurückgewonnen werden, in einem separaten Verfahren.

Kampf der Rohstoffverschwendung

Ich fände es schön, wenn wir es schaffen würden, mehr Handys zurück in den Wertstoffkreislauf zu bekommen. Also: Schränke ausmisten! Oder noch besser: Boxen bestellen und Sammlungen im Freundeskreis organisieren! Hiermit lobe ich einen Wettstreit aus: Wer bis zum 31. Oktober die meisten Althandys eingesammelt und verwertet hat, bekommt den Konsumkompass, die Eco Hacks und mein nächstes Buch über nachhaltige Ernährung geschenkt. Für Platz 2 gibt`s den Konsumkompass, für Platz 3 die Eco Hacks. Foto vom Sammelresultat mit Sammelbox im Bild an info@meinkonsumkompass.de


Ran an die Schubladen – ich bin gespannt, wieviel Handyschrott wir gemeinsam schaffen!


Diesen Artikel hat uns Katarina Schickling von Meinkonsumkompass.de zur Verfügung gestellt.


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Kommentare

Doris Rasevic-Benz
30•09•2021
Hallo, endlich kann ich meinen Handy-Frust loswerden! :))) Diese Dinger verbrauchen so viele Rohstoffe verbrauchen und zur Gewinnung derer sehr schmutzige Kriege geführt werden, Kindern in Minen versauern und das eine Arbeit ist, die von den Ärmsten der Armen gemacht wird, die aber niemals davon zu Wohlstand kommen. Die Arbeiter in den Fabriken werden sicher auch nicht reich. Die Halbwertzeit ist enorm. Und die wenigsten denken daran, wenn sie sich mal wieder das neuste Teil kaufen und damit herumstolzieren. Wieviel der wichtigsten Ressource von uns allen so ein Smartphone schluckt, merkt man auch nicht. Es ist die Ressource Lebenszeit, die dafür drauf geht: sich eines auszusuchen, es einzurichten, zu aktualisieren, zu synchronisieren, zu reparieren, sich darüber zu informieren, sich um das Aussehen zu kümmern, darauf seine Zeit tot zu schlagen … Im Grunde sind wir dazu gezwungen uns Smartphones zu kaufen. Online-Banking (gut, das ist mit dem Smartphone schon wieder passé), das Scannen von QR-Codes für alle möglichen Zwecke, Kaufen von Tickets … und mittlerweile bekommt man oft keine Visitenkarten mehr, sondern muss einen QR-Code mit den Daten scannen. Für mich bitte weiterhin eine hübsche Visitenkarte, die in in meinen Rolodex reinstecke und bei Gelegenheit liebevoll betrachten kann. Außedem muss ich nicht warten, bis das Akku wieder aufgeladen ist. Ich stelle mir einen betagten Mann vor, der ständig irgendeine App auf sein Gerät laden muss, weil er das für den Arzt, das Amt usw. benötigt. Nicht jeder hat pfiffige Enkelkinder und/oder ist noch in der Lage, das Gerät zu bedienen. Arme Menschen, vor allem arme Rentner, tun sich extrem schwer. Wenn einem am Ende des Monats hundert Euro fehlen, dann kann man sich keines kaufen. Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Smartphone und regelmäßige Unterweisungen. Irgendwie fällt man so aus dem Raster. Schon nach ein paar Jahren, kann man die Software nicht mehr updaten. So geschehen bei meinem Smartphone. Ich habe das auf Raten kaufen müssen, und kaum waren die abgestottert, wurden keine Updates mehr unterstützt. (Nein, ich habe nicht das teuerste und neuste und schickste gekauft.) So wird das nichts mit Umweltfreundlichkeit und Ressourcenschonen. Das Recycling ist schon mal ein erster und wichtiger Schritt. Danke vielmals, dass Ihr das Thema aufbringt und so schon erklärt. Das werde ich teilen. Ebenso wichtig finde ich es, wenn die Dinger schon notwendig geworden sind (und in vielen Fällen halte auch ich sie für eine prima Sache), dann sollten sie auch so lange wie möglich halten und aktualisierbar sein. Modulare Geräte sind auch klasse. Und vielleicht kann der Gesetzgeber noch was gegen die eingebaute Obsolenz beitragen. Was wir beitragen könnten: Wir könnten das Narrativ ändern und von nun an stolz darauf zu sein, wie lange wir das Teil schon haben. Schön finde ich es auch, wenn wir uns in den Öffentlichen wieder anschauen oder verlegen den Blick abwenden. Wenigstens signalisieren wir uns dann, dass wir da sind, gesehen werden. Mir jedenfalls fehlen die beobachtenden, abschätzigen, bewertenden, neugierigen, angeekelten, bewundernden, verlorenen, traurigen, fröhlichen … Blicke meiner Mitmenschen. Nur die ganz Kleinen und die ganz Alten sind irgendwie noch präsent und signalisieren Leben. Liebe Grüße Doris
FTF, Uli Heppel
01•10•2021
Liebe Doris, ganz lieben Dank für diesen kritisch und reflektierten Beitrag. Da stimmen wir dir in ganz vielen Punkten zu. Vor allem, dass die Geräte sich ständig selber überholen und man gezwungen wird, permanent auf neue Geräte umzusteigen, weil es keine Updates mehr für gut funktionierende ältere Modelle mehr gibt. Das nervt mich ungemein, dieser Zwang. Und ich gebe dir absolut recht, dass wir das Narrativ ändern müssen. Fangen wir mal damit an. Alles Liebe ♡ Uli
Christa
02•10•2021
Hallo, Super Idee. Kann man denn auch direkt Handys an die Firma schicken oder muss das über die Sammelboxen gehen? Gruss Christa
FTF, Uli Heppel
04•10•2021
Liebe Christa, Katarina nimmt die Handys wohl gerne an und macht sogar eine Verlosung drum herum. Ihre Kontaktdaten findest du in unserem Blogartikel dazu. ♡ Uli

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