Die Buchstaplerin #5
„Es gibt kein Alter, in dem alles so irrsinnig intensiv erlebt wird wie in der Kindheit. Wir Großen sollten uns daran erinnern, wie das war.“ Astrid Lindgren
In den ersten Wochen des neuen Jahres hat sich hier der Winter von seiner schönsten Seite gezeigt: Es hat Unmengen geschneit, die Welt, die uns gerade so düster erscheint, bekam ein prächtiges, weißes Kleid und allein der Anblick hat mich glücklich gemacht.
Schlitten fahren, Schneemann bauen, Winterwaldspaziergänge – all das hat mich an meine Kindheit erinnert, wo man mit Armen und Beinen Engel in den frisch gefallenen Schnee malte, bis man völlig unterkühlt zu Hause angekommen mit Kakao und Waffeln verwöhnt wurde.
Kindheitserinnerungen begleiten unser ganzes Leben und beeinflussen unser Handeln und unsere Persönlichkeit in allen Bereichen. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich unzählige Schriftsteller*innen dem Thema in ihren Romanen gewidmet haben.
Die damals 50-jährige, dänische Autorin Tove Ditlevsen schrieb Mitte der 60er-Jahre in einer Suchtklinik Kindheit, den Auftakt zu ihrer Kopenhagen-Trilogie über ihr eigenes Leben, die teils erstmalig, teils in genialer Neuübersetzung von Ursula Allenstein, dieser Tage im Aufbau Verlag erscheint.
In „Kindheit“ erzählt Ditlevsen, wie sie im Kopenhagen der 1920er-Jahre in einfachen Verhältnissen aufgewachsen ist. Im Arbeiterviertel Vesterbro, wo damals Arbeitslosigkeit und Armut die Männer mutlos und die Frauen verzweifelt werden ließen, lebte Tove mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder. Der Vater arbeitete in 12- Stunden-Schichten als Heizer, war sozialistisch und gewerkschaftlich engagiert und sehr belesen. Ihre Mutter lehnte sowohl die politischen wie die literarischen Interessen ihres Mannes kategorisch ab und versuchte, ihre Tochter als zukünftige Hausfrau und Mutter zu erziehen.
Tove fühlte sich unverstanden und fremd in ihrem Umfeld. Schon früh lernte sie selbstständig lesen und schreiben (sehr zum Missfallen ihrer ersten Lehrerin), sie eroberte sich die städtische Bibliothek, schrieb die ersten Gedichte und träumte davon, eines Tages Schriftstellerin zu werden.
Der erste Teil der Trilogie ist so mitreißend und feinfühlig geschrieben, dass ich mich selbst mit Tove in der kleinen Hinterhof-Wohnung sitzen sah, sie auf ihren Streifzügen durch Kopenhagen begleitete und mit ihr einen Blick auf ihre Kindheit werfen durfte, in der sie „die Welt der Erwachsenen wie ein Mysterium“ betrachtet hat.
Tove Ditlevsens Geschichte geht unter die Haut, sie versteht es, mit ihrer schlichten und unbeschönigten Sprache ein literarisches Spannungsfeld zu kreieren, dem man sich kaum entziehen kann.
„Ich lese in meinem Poesiealbum, während die Nacht an meinem Fenster vorbeiwandert, und ohne, dass ich es weiß, sinkt meine Kindheit leise auf den Grund der Erinnerungen, dieser Seelenbibliothek, aus der ich bis an mein Lebensende Wissen und Erfahrungen schöpfen werde.“
So endet ihre „Kindheit“ und ich freue mich, dass bereits im Februar die Folgebände „Jugend“ und „Abhängigkeit“ erscheinen werden!
Manchmal muss man bis ans Ende der Welt reisen, um erwachsen zu werden:
Lorraine Fouchet erzählt in ihrem warmherzigen Roman Pinguine bringen Glück die Geschichte des 15-jährigen Dom, der völlig unerwartet seinen Vater durch einen Herzinfarkt verliert, gestorben in den Armen seiner Geliebten. Die blonde Unbekannte ruft noch den Notarzt, bevor sie auf mysteriöse Weise verschwindet. Dom, der mit seinem Vater und seiner bretonischen Großfamilie zusammen in einem Pariser Wohnhaus lebt (seine Mutter hat die Familie bereits vor Jahren verlassen), ist schockiert und weiß nicht, wie er mit seiner Trauer umgehen soll. Vor allem nagt an ihm die Frage, wer die blonde Unbekannte ist und auf der Suche nach ihr erfährt er auch einiges über seinen Vater, was ihm bisher unbekannt war. All die ihn verwirrenden Rätsel und Geheimnisse führen Dom von Paris in die Bretagne und weiter nach Patagonien, wo seine Suche eine unerwartete Wendung nimmt …
„Weil es darum geht im Leben - um Unglück, das dich zerreißt, und so gigantisches Glück, dass du zitterst. Um Brüche, um Haustiere, die nicht so lange haben wie wir, und um Lachen, das besser wärmt als jede Thermounterwäsche.“
Sehr liebevoll und empathisch lässt Lorraine Fouchet den 15-jährigen Dom mit all seiner Trauer, seinen Zweifeln, seiner Unsicherheit und seiner Einsamkeit von seiner Suche nach den familiären Wurzeln erzählen, immer wieder unterbrochen durch die Stimme der geheimnisvollen Geliebten.
„Pinguine bringen Glück“ erzählt über das Glück, eine Familie zu haben, aber auch darüber, dass neue Familienmitglieder ein Geschenk gegen die Einsamkeit sein können: Es ist nie zu spät, seinem Leben eine neue Richtung zu geben!
„Kindheit - das ist, wenn man mit der blödesten und liebsten Schwester der Welt darum streitet, ob sie am Eis lecken oder abbeißen darf.“
Manno! -Alles genau so in echt passiert heißt das Comic-Bilderbuch von Anke Kuhl, indem sie auf ungemein humorvolle und pointierte Art und Weise von ihrer Kindheit in den 70er-Jahren erzählt.
In Comic-Episoden begleiten wir Anne und ihre ältere Schwester beim Fecht-Kampf mit Klobürsten, bei der Schwierigkeit, eine Strumpfhose richtig anzuziehen, bei der Nahrungsbeschaffung für die Barbie-Puppen, bei der wundersamen Kaninchenvermehrung oder bei „Dalli Dalli“ und „Hitparade“, zusammen mit „Openom“ (Oma und Opa) vor dem Fernsehapparat.
In den 18 liebevoll gezeichneten Kurzgeschichten sieht man auf jeder Seite die gelungene Verbindung von Text und Bild und die Figuren scheinen mal frech, lustig und laut, mal traurig und anrührend direkt die Leser*innen anzusprechen, um vom wilden, aber auch vom ganz normalen Alltag einer Familie zu erzählen. Es macht riesigen Spaß, die Welt durch die rote Brille der kleinen Anne zu betrachten, und allen großen und kleinen Schwestern, Kindern, Eltern und Großeltern möchte ich dieses lebenskluge und witzige Bilderbuch ans Herz legen!
Zum Schluss habe ich noch eine kleine Überraschung für euch:
Sabine, Uli und ich möchten euch mit einer Prise Magie überraschen und aus diesem Grund verlosen wir drei Exemplare The Mystical Year von Alison Davies (vielen Dank dem Knesebeck Verlag) an euch!!!
„The Mystical Year“ widmet sich Monat für Monat den Bräuchen, Festen, Riten und Traditionen, die in den unterschiedlichsten Kulturen begangen werden und stellt besondere Ereignisse, Weisheiten und Sagen in den Mittelpunkt. Tiere, Pflanzen und Steine dienen als Kraftquellen, Mond und Sternenkonstellationen beeinflussen unser Leben.
Das Buch lädt dazu ein, mystische Rituale, die seit Jahrtausenden Bestand haben, je nach Bedarf in unseren Jahreslauf zu integrieren und uns mit der Natur zu verbinden.
Die zauberhaften Illustrationen von Anastasia Stefurak und die klassischen Gedichte zu Beginn jeden Monats runden die liebevolle und übersichtliche Gestaltung des Jahresbuchs gekonnt ab, denn schließlich können wir ja zurzeit alle eine Prise Magie in unserem Leben brauchen.
Fühlt ihr euch von dem Buch magisch angezogen?
Bei @fuckthefalten auf Instagram könnt ihr eines von drei Exemplaren gewinnen.
Ich wünsche euch kleine, magische Momente in eurem Alltag und die Lektüre eines Buchs, das euch in andere Welten entführt und glücklich macht!
Wir lesen uns!
Eure Buchstaplerin
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