23•02•2023 ••

Fair und nachhaltig einkaufen

Mit Katarina Schickling verbindet uns schon eine lange Zusammenarbeit. Ihr Blog „Mein Konsumkompass“ ist für uns d i e Anlaufadresse, wenn wir uns informieren wollen, wie wir auch im Kleinen etwas verändern können. Denn Katarina ist nicht dogmatisch und sagt selbst von sich, dass sie nicht alles perfekt macht. Als Journalistin hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Missstände in unserer Konsumwelt aufzudecken. Am 22.2.2023 ist ihr neues Buch erschienen: Es geht um Lebensmittel – wie können wir diese fair und nachhaltig einkaufen. Das folgende Interview gibt schon einmal einen kleinen Einblick ins Buch ...

 

 

Liebe Katarina, welche Aspekte des Lebensmittel-Einkaufs hast du für dein Buch ausgewählt?

Im ersten Teil des Buches geht es um den Lebensmittelmarkt bei uns: Wer bestimmt, welche Ware wir auf den Tisch bekommen? Wer sind die großen Klimasünder? Wie kann ich herausfinden, welchen Rucksack an Problemen ich im Einkaufskorb nach Hause trage? Im zweiten Teil beleuchte ich sortiert nach Warengruppen wie Fleisch, Gemüse und Milch etc., welche Ökobilanzen unsere Lebensmittel haben, worauf ich beim Einkaufen achten kann und wie ich Greenwashing und Öko-Mythen vermeide. Der dritte Teil ist eine Art Nachschlagewerk, wo genau erklärt wird, was sich hinter Tierwohl- oder Regionalsiegeln verbirgt, mit Wegweisern durch Kennzeichnungsdickicht bei Zusatzstoffen, Tarnbezeichnungen für Zucker usw.

 

Welche Tipps hast du schon jetzt für Menschen, die ihre Lebensmittel fair und nachhaltig einkaufen möchten?

Pflanzliche Lebensmittel sind klimaschonender und sollten der Hauptbestandteil unserer Ernährung sein. Produkte aus ökologischer Landwirtschaft gehen schonender mit der Ressource Natur um – und besser fürs Tierwohl sind sie sowieso. Regional und saisonal essen – was nicht weit reisen musste, ist besser fürs Klima, was nicht im Gewächshaus wächst, schmeckt besser und ist nährstoffreicher. Jeder Verarbeitungsschritt verursacht Emissionen. Deshalb zu gar nicht oder wenig verarbeiteten Lebensmitteln greifen. Fair gehandelte Lebensmittel kaufen! Warum das besser ist, muss man gar nicht erklären, Ausbeutung ist nicht in Ordnung. Punkt. Lebensmittelverschwendung konsequent vermeiden.

 

Jetzt mal „Butter bei die Fische“: Welches Lebensmittel hat den größten CO2-Abdruck?

Richtiges Stichwort: Butter! Man braucht relativ viel Milch für die Erzeugung. Deshalb sollte man Butter sparsam einsetzen. Man kann zum Beispiel in Öl braten und erst am Schluss etwas Butter dazugeben, für den Geschmack. Generell sind alle Erzeugnisse rund ums Rind von der CO2-Bilanz her schlecht. Allerdings ist das auch ein gutes Beispiel dafür, dass CO2 beim Thema Klimafreundlichkeit nicht der einzige Faktor ist. Denn Weidehaltung ist auf vielen Böden die einzige sinnvolle Nutzung. Eine Kuhweide kann sehr humusreich sein, das bindet wieder viel CO2, viel mehr als ein Acker. Und durch ihre Tritte regen die Kühe die Durchwurzelung des Bodens an, das ist gut für die Wasserspeicherung.

 

Welches Obst kann man im Winter klimabedenkenlos kaufen? Das meiste wächst ja nur, wenn es warm ist.

Zitrusfrüchte aus Europa haben keine sooo schlechte Ökobilanz, die sind im Winter für die Vitamin C-Versorgung sinnvoll. Äpfel aus Deutschland lagern dann zwar schon eine Weile im Kühlhaus, sind aber immer noch die bessere Wahl als Exoten oder Gewächshaus-Obst.


Und mein Winterfavorit sind Quitten – ein tolles Obst!


 

Warum sind Bio-Lebensmittel scheinbar teurer als konventionelle Lebensmittel?

Bei vielen konventionellen Lebensmitteln ist ein Teil der Kosten quasi vergesellschaftet – zum Beispiel zahlen Trinkwasserkund:innen in Niedersachsen oft mehr, wegen der hohen Nitratbelastung des Grundwassers durch die Massentierhaltung.


Eigentlich müssten solche Umweltschäden ins Produkt eingepreist sein. 


Ein anderes, sehr ärgerliches Phänomen: Infolge der Energiekrise sind die Erzeugerkosten im konventionellen Bereich viel stärker gestiegen als bei Bio. Aber die Supermärkte haben die Biopreise parallel genauso angehoben, in der Hoffnung, dass die Kundschaft das schon bezahlen wird.

 

Warum werden die Kosten für die fleischkonsum-bedingte Trinkwasserreinigung nicht direkt beim Fleisch eingepreist? Dann würden die Leute automatisch weniger davon kaufen und die Tiere sowie das Klima wären geschützt.

Tja, gute Frage … Wenn man sich anschaut, wer gerade für die CDU und CSU in den Agrarausschüssen des Bundestages und des EU-Parlaments sitzt, wundert man sich darüber nicht mehr: Großbauern, die ihre Interessen zu schützen wissen …

 

Viele Bauern können einen erheblichen Teil ihrer Ernte nicht verkaufen, weil ihr Obst und Gemüse nicht den gängigen Handelsvorgaben in Bezug auf Form oder Farbe entspricht. Wie können wir Konsumenten darauf Einfluss nehmen?

Indem wir gezielt krumme Karotten kaufen, wenn es sie doch gibt. Und es gibt inzwischen Anbieter im Internet, die gezielt „aussortierte“ Ware vermarkten. Dazu gibt es Adressen in meinem Buch.

 

Wie müssten die gesetzlichen Mindestvorschriften für Tierhaltung ergänzt werden, damit Kühe, Schweine & Co endlich tiergerecht gehalten werden?

Im Grunde haben wir den gesetzlichen Rahmen schon: Das Tierschutzgesetz verbietet vieles, was in der konventionellen Tierhaltung gängige Praxis ist – da wird viel mit Sondergenehmigungen operiert.


Generell würde ich mir wünschen, dass wir das Denken umdrehen: Was ist denn tiergerecht?


Und damit sind ein paar Eckpunkte sehr offensichtlich: Auslauf, draußen, für alle Tiere. Platz. Ein artgerechtes Futter. Und Rassen, die keine Qualzuchten sind.

Inwiefern beeinflusst der Krieg in der Ukraine unseren Lebensmittelkonsum?

Angesichts der hohen Preise steckt die Biobranche in einer tiefen Krise. Klar – wer plötzlich eine dreimal höhere Stromrechnung hat, muss sehen, wo er die Kosten wieder reinholt. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich das wieder geben wird.

Derzeit wird berichtet, dass sich einzelne Lebensmittel-Produzenten an der Inflation bereichern. Wie kann ich erkennen, dass ein Unternehmen grundlos seine Preise erhöht?

Das bemerkt eigentlich nur, wer zunächst mal die alten Preise kennt und den Markt verfolgt – bei Sonnenblumenöl ist der Rohstoffpreis, zum Beispiel, längst wieder auf Vorkriegsniveau, teils sogar darunter, und trotzdem kassieren einige Produzenten auf einmal mehr als das Doppelte für die Flasche im Supermarkt. Das ist sehr ärgerlich! Glücklicherweise gibt es aber die Verbraucherzentralen, die Presse und – zum Beispiel – auch meinen Blog meinkonsumkompass.de, wo solche Fälle aufgedeckt werden ...

Liebe Katarina, danke für das Interview und danke auch an Julia Meyn (Katarinas Presseagentin), die uns das Interview zur Verfügung gestellt hat.

 


PS: Auf Instagram verlosen wir drei Exemplare. ;) Ihr könnt das Buch aber auch hier bestellen, oder natürlich auch bei eurem Buchhändler kaufen. ;)


 


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