14•11•2024

FTF Die Buchstaplerin #39 – Ein Hoch auf die Freundschaft

Freundschaften geben unserem Leben Sinn, machen unseren Alltag reicher und tragen uns durch Höhen und Tiefen. Manche Menschen begleiten uns ein Stück unseres Weges, andere werden Teil unserer Biografie. Freund*innen „reduzieren Stress, steigern das Selbstwertgefühl, sorgen für ein längeres Leben und brauchen Zeit“, sagt der Buchautor Wolfgang Krüger.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Thema „Freundschaft“ in der Musik, in Filmen und in der Literatur eine große Rolle spielt.
 


„Egal, wer du bist, es sind deine Freunde, die deine Welt ausmachen.“ William James


Corinne liest über Freundschaft

„Verwandtschaft lässt sich ohne Wohlwollen denken, Freundschaft aber nicht.“ Cicero


Es heißt, seine Familie kann man sich nicht aussuchen, wohl aber kann man seine Freund*innen zu einer Art Wahlverwandtschaft machen, und genau darum geht es in Isabel Bogdans Roman Wohnverwandtschaften (Kiepenheuer & Witsch Verlag), in dem zwei Frauen und zwei Männer unterschiedlichen Alters in einer WG zusammenleben: 
Als die Zahnärztin Constanze sich von ihrem Ehemann trennt, zieht sie als Übergangslösung in die Wohngemeinschaft von Jörg, der seine verstorbene Frau schmerzlich vermisst und eine größere Reise plant. Außerdem wohnen hier noch Anke, eine Schauspielerin, die aufgrund ihres Alters kaum noch Engagements bekommt, und Murat, dessen Lebenslust und Kochkünste alle bereichert. Durch Constanzes Einzug verschiebt sich die Dynamik in der WG und jede*r versucht sich zu behaupten und zu positionieren, doch als Jörgs Demenz immer offensichtlicher wird, wachsen die vier immer mehr zusammen, helfen und unterstützen sich gegenseitig …
Die Geschichte wirkt wie eine Wärmflasche gegen graue Tage, ist empathisch, humorvoll und unterhaltsam erzählt und man möchte am liebsten Teil dieser Herzens-WG werden!

Wohnverwandtschaften

„Echte Freundschaft verträgt Individualität und eigene Lebensbereiche. Eine künstliche Freundschaft möglicherweise nicht.“ Charlotte Link


Im Mittelpunkt von Die Taucherin der Autorin Verena Boos (Kanon Verlag) stehen zwei sehr unterschiedliche Frauen:
Amalia ist leidenschaftliche Bergsteigerin und lebt im Schwarzwald, die Passion der Spanierin Marina ist das Tauchen. Beide verbindet eine tiefe Freundschaft von Kindesbeinen an. Als Marina eines Tages spurlos verschwindet, reist Amalia sofort nach Valencia, um nach ihrer Freundin zu suchen. Valencia ist ihre gemeinsame Stadt und hier fühlt sich Amalia immer sofort wohl, angekommen und akzeptiert. Bei ihren Nachforschungen kommen nicht nur die gemeinsamen schönen Erlebnisse ans Licht, auch viel zu lange verdrängte Erinnerungen suchen sie heim und zeigen ihr ein anderes Bild ihrer langjährigen Freundin. Amalia muss sich der Vergangenheit ihrer beiden Familien stellen und Geheimnisse treten zutage, die sich nun nicht mehr unter den Teppich kehren lassen …
Verena Boos erzählt ruhig, atmosphärisch, vielschichtig und präzise über ein dunkles Kapitel der deutsch-spanischen Geschichte, über Familie und Herkunft und über die Kraft von Freundschaft.
 

Die Taucherin

„Freunde sind die Geschwister, die das Leben uns gibt.“ Jess C. Scott


Meine geniale Freundin

Apropos Elena Ferrante: Meine geniale Freundin – den modernen Klassiker aus Italien – gibt es mittlerweile als Graphic Novel und wurde von Chiara Lagani und Mara Cerri stimmungsvoll in Szene gesetzt (Carlsen Verlag; Übersetzung: Myriam Alfano):
Der erste Teil der neapolitanischen Saga handelt von den Freundinnen Lila und Lenu, die in ärmlichen Verhältnissen im Neapel der 50er-Jahre aufwachsen und erzählt von ihrer Kindheit und Jugend, deren Freundschaft einerseits von tiefer Verbundenheit und Zuneigung, andererseits von Rivalität und Eifersucht geprägt ist. Die starken Charaktereigenschaften der beiden stehen ihnen oft im Weg und erschweren ihre Freundschaft, sie können nicht mit und nicht ohne einander. Bis zu dem Tag, der alles verändert …
Die Comic Adaption ist eine großartige Ergänzung zum Roman, denn sie lässt die Geschichte visuell auferstehen, besticht durch die atmosphärischen, ausdrucksstarken Bilder, die ohne viel Text auskommen, und lässt Elena Ferrantes berühmtes Werk anders und neu erleben!


„Tiere sind die besten Freunde. Sie stellen keine Fragen und kritisieren nicht.“ Mark Twain


Wie wertvoll die Freundschaft zwischen Mensch und Tier sein kann, erzählt die dänische Psychologin Anne Cathrine Bomann in ihrem zauberhaften Roman Rosa (hanserblau Verlag; Übersetzung: Franziska Hüther):
Vigga ist Ende zwanzig und lebt sehr zurückgezogen in ihrer eigenen kleinen Welt. Ihr einziger sozialer Kontakt ist ihre enge Freundin Maiken, der es immer wieder gelingt, Vigga aus ihrem Schneckenhaus zu locken. Doch als Maiken ein Baby erwartet, zieht sich Vigga immer mehr zurück, aus Angst vor den bevorstehenden Veränderungen. Gleichzeitig vermittelt das Arbeitsamt ihr ein Praktikum im Kopenhagener Aquarium, doch auch dort macht ihr ihre Sozialphobie große Probleme. Zum Glück lernt Vigga kurz darauf Rosa kennen, eine einzelgängerische Oktopus-Dame, die hinter Glas ein einsames Leben fristet. Vigga sieht einige Parallelen zwischen sich und dem Meerestier und sie fühlt sich sogleich mit Rosa verbunden. Von nun an besucht die junge Frau den Oktopus täglich und es entsteht eine sehr besondere Freundschaft: Vigga lernt von Rosa, dass das Leben nicht Stillstand, sondern Bewegung braucht und wie wertvoll Freiheit ist – sie beginnt loszulassen, sich zu öffnen und traut sich neue Wege zu gehen …
„Rosa“ ist ein kleines, feines Buch für Herz und Verstand voller Charme und Magie!

Rosa

„Freundschaft ist weit tragischer als Liebe. Sie dauert länger.“ Oscar Wilde


Von einer Freundschaft, die sich zu einer toxischen Beziehung entwickelt, erzählt die Italienerin Giulia Baldelli in Das Schweigen meiner Freundin (DuMont Buchverlag; Übersetzung: Elisa Harnischmacher):
Die 60jährige Giulia reist in ihr Heimatdorf in die Marken, blickt auf ihr Leben zurück und erinnert sich an ihre Freundin Cristi, die als Kind von ihrer Mutter bei der Großmutter abgesetzt wurde und um die sie sich kümmern sollte. Von Anfang an ist Giulia fasziniert von dem jüngeren Mädchen und es entsteht zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft. Doch dann stößt Mattia zu den beiden und aus dem Duo wird ein Trio – ein Umstand, den Giulia mit Argwohn und Eifersucht kritisch beäugt, denn Cristi fühlt sich zu dem fremden Jungen hingezogen. Die Dreier-Konstellation bekommt eine eigene Dynamik, die alle Beteiligten ihr Leben lang verbindet und nicht mehr loslässt: Liebe und Verlust, Leidenschaft und Eifersucht, Höhenflüge und Abstürze – ein ständiger Balanceakt, der die wechselvolle Beziehung mit ambivalenten Gefühlen und unkonventionellen Entscheidungen begleitet …
Voller Poesie und Sogkraft schreibt Giulia Baldelli in ihrem Debüt-Roman über das Leben, die Liebe, verpasste Chancen und die Wechselwirkung von Gefühlen, die drei Menschen bereichern und gleichzeitig zerstören können. Durch die fein abgestimmte Charakterzeichnung entsteht eine vielschichtige Atmosphäre, der man sich kaum entziehen kann. Ein „Muss“ für alle Fans von Elena Ferrante und eine große Empfehlung für italophile Leser*innen!

Das Schweigen meiner Freundin

„Na ja, da kennt einer einen, der einen kennt, und der eine schuldet dem anderen noch etwas oder weiß irgendetwas, was er nicht erzählen sollte, und dann …“

Dann nennt man so etwas in Österreich Freunderlwirtschaft und daraus hat die Wiener Buchhändlerin und Autorin Petra Hartlieb (DuMont Buchverlag) einen spannenden Gesellschaftskrimi um Macht und Korruption geschrieben, der viel realistische Einblicke in die Polit-Szene gibt.
Die als schwierig geltende Kommissarin Alma Oberkofler tritt ihren Dienst in Wien an, als sie in den ersten Tagen gleich zu einer brisanten Leiche gerufen wird: Landwirtschaftsminister Max Langwieser liegt tot in seiner Wohnung – ein unglücklicher Unfall oder vertuschter Mord? Der Minister war jung, gutaussehend, beliebt und eng mit dem Kanzler befreundet. Als dann noch seine Verlobte Jessica wie vom Erdboden verschwindet und die Presse Wind von der Geschichte bekommt, gerät Alma gehörig unter Druck, doch sie lässt sich von den Anweisungen ihrer Vorgesetzten nicht beeinflussen und vertraut ihrem Instinkt, der ihr sagt, dass die Saubermänner in Designer-Anzügen, die sich für unangreifbar halten, Dreck am Stecken haben …
Ein scharfsinniger Krimi, der ohne literweises Blutvergießen auskommt, und dessen Stärke der sezierende Blick auf die Welt der Politik und ihrer patriarchalen Machtstrukturen ist. Gepaart mit charmantem Witz, fein gezeichneten Figuren und viel Lokalkolorit kann man sich die Geschichte aber genauso in Berlin oder anderswo vorstellen  – das macht „Freunderlwirtschaft“ ungemein lesenswert!

 

Freunderlwirtschaft

​Wir freuen uns sehr, dass wir je drei Exemplare von „Das Schweigen meiner Freundin“ und „Freunderlwirtschaft" auf Instagram verlosen dürfen – ein herzliches Dankeschön an den Dumont-Buchverlag.


„Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde.“ Jean Paul

Manchmal fühlt sich das Lesen eines Buches wie das Gespräch mit einer guten Freundin an. So ein Buch ist Und ich-, herausgegeben von der wunderbaren Literaturvermittlerin Maria-Christina Piwowarski (Park x Ullstein Verlag), in dem 20 Geschichten über Wendepunkte des Lebens versammelt sind. Es ist eine Anthologie bekannter und weniger bekannter Autorinnen über Neuanfänge, Richtungswechsel, Mutausbrüche und Veränderungen, wie sie in unser aller Leben so oder ähnlich vorkommen. Gerade Frauen in der Mitte ihres Lebens spüren Umbrüche und sehnen sich nach Gedanken und Texten, die ihnen Mut geben, Hoffnung machen oder in denen sie sich einfach verstanden fühlen. Autorinnen wie Mareike Fallwickl, Jarka Kubsova, Rasha Khayat, Simone Scharbert, Isabel Bogdan, Zsuzsa Bank oder Gabriele von Arnim fordern uns mit ihren Texten heraus, überraschen uns mit literarischen Finessen, geben unseren Sehnsüchten Spielraum und laden uns ein, beherzt neue Wege zu denken. Ein Buch wie eine beste Freundin – oder für eine beste Freundin? Ich würde sagen beides, um sich im Anschluss über die ein oder andere Geschichte austauschen zu können!

Und ich-

„Freundschaft mit sich selbst ist sehr wichtig, denn ohne sie kann man mit niemandem sonst auf der Welt befreundet sein.“ Eleanor Rossevelt


Zum guten Schluss möchte ich euch noch ein kleines, feines Büchlein ans Herz legen, denn sollten wir nicht uns selbst die allerbeste Freundin sein?
Sabine Fuchs und Uli Heppel (von Fuck the Falten) haben zusammen mit Anja Ellers ein persönliches Workbook erstellt: Dein 2025 ohne Ausreden - More Amore! FÜR MICH (hier im Shop erhältlich), das dir – von den Rauhnächten inspiriert – hilft, dich für das kommende Jahr zu fokussieren, Pläne umzusetzen, Räume für Veränderungen zu öffnen und dir kleine Auszeiten mit dir selbst zu schenken.
Wer kennt das nicht? Es gibt so viele Dinge, die man sich immer wieder vornimmt und die sich dann doch ausdünnen oder völlig von der Bildfläche verschwinden. Das Workbook möchte dir in deinen Vorhaben hilfreich zur Seite stehen und dich in den unterschiedlichsten Bereichen unterstützen. Was mir dabei besonders gut gefällt: Ich kann das Büchlein mit meinen Notizen jederzeit zur Hand nehmen, denn ich allein bestimme das Tempo und den passenden Zeitpunkt. Die Rauhnächte zwischen Weihnachten und Dreikönig wirken bei mir oft eher belastend als bereichernd und so freue ich mich darauf, die Themen dieser Zeit auf das ganze Jahr zu verteilen unter dem Motto „More Amore für mich“!

More Amore für mich

„Die wahre Freundschaft erkennt man daran, wie wenig sie verlangt und wie viel sie gibt.“ Marie von Ebner-Eschenbach


Mit diesem wunderbaren Zitat wünsche ich euch bereichernde Begegnungen mit Freundinnen und Freunden, die das Leben bunter, heller und schöner machen!
 

Wir lesen uns!
Eure Buchstaplerin
 

Besties

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