Hallo mein Schatz – die Scheidungskolumne #2
Unsere Scheidungskolumne „Hallo mein Schatz“ by Janet aka die Süße hat dieses Mal den Titel. „Es könnte so schön sein“ wenn ..., ja wenn Friedensdemos Janet nicht an Verpasstes erinnern würden und sie schon wieder Platz in ihrem Leben für neue Männer hätte. Denn die gibt es schon. Aber dazu muss Janet erst einmal aufräumen. Gedanklich und physisch. Mehr dazu heute in Teil 2 ...
Es könnte so schön sein.
Hallo mein Schatz,
gerade sitze ich in unserer schönen Altstadt im Café in der Sonne. Der erste warme Tag, keine 300 m von mir spielt eine wunderbare Jugendband, Hunderte hören zu. Es könnte wirklich so schön sein, aber es gibt einen Grund für die vielen jungen Leute hier, einen Grund für die starken, ruhigen Songs, die gespielt werden, und einen guten Grund, warum ich ausgerechnet jetzt an dich denken muss. Es ist Krieg in Europa – gerade mal 2 Flugstunden entfernt und wir können alle nicht abschätzen, was daraus noch wird.
Friedensbewegt und so verbunden
Ich fühle mich so verbunden mit diesen jungen Leuten, die einfach nicht fassen können, was hier gerade passiert. Deshalb stehen sie hier auf dem Platz, genau wie wir beide damals beim Ostermarsch, als alles für uns beide begann.
Wir waren im späteren Freundeskreis das einzige Paar weit und breit, das sich eben nicht auf einer Party oder in der Disco kennengelernt hat, sondern ausgerechnet in der Friedensbewegung. Und ich war mir so sicher mit uns.
Vielleicht waren wir beide zu friedensbewegt, haben einfach zu wenig gefeiert?
Ich habe das später wieder entdeckt, umgeben von lauter unternehmungslustigen und feierfreudigen Freunden. Du warst dabei, hattest aber keine Lust und so kam ein gelber Schein nach dem anderen ... lauter Männerschnupfen.
In den letzten fast 1,5 Jahren – was, so lange schon? – habe ich jegliche Lust am Feiern verloren. Corona hat mir großartig in die Karten gespielt. Aber jetzt, jetzt hätte ich wieder Lust. Ein schlechter Zeitpunkt, keine Frage.
Es könnte ernst werden.
Wen sollte man jetzt um sich haben, einen, der genauso schockiert und sorgenvoll auf das Weltgeschehen schaut wie man selbst? Oder lieber jemanden, der einen trotzdem zum Lachen bringt, der einen ablenkt, der sich ein schönes Leben macht und uns beide das große Ganze mal für eine Weile vergessen lässt, eine kurzweilige Weile noch dazu?
Von genau solchen Männern bin ich jetzt umgeben und bei einem von ihnen könnte es ernst werden – oder besser: lustig. Wenn da nicht diese Angst wäre, noch einmal so verletzt zu werden wie von dir.
Als ich zum ersten Mal beim MRT war, hatte ich wirklich Angst vor dieser engen dunklen Röhre. Also habe ich die Arzthelferin direkt gefragt, was ich denn bitte gegen diese Angst tun könnte. Ihr Tipp war super: „Machen Sie gleich am Anfang die Augen zu und erst wieder auf, wenn wir Sie aus der Röhre wieder rausfahren.“ Hat funktioniert ... echt jetzt.
Es wird Zeit.
Was meinst du, ob das jetzt auch helfen würde? Stephan würde jetzt wahrscheinlich einen frechen Spruch bringen à la
››no risk no fun‹‹
nur pfiffiger vermutlich. Ich kenne mich seit langem selbst nicht wieder, aber jetzt gerade in den vielen jungen Leuten hier auf dem Platz, da finde ich mich wieder. Mich und uns, aber du bist jetzt ganz woanders.
Die Antikriegs-Veranstaltung hat sich aufgelöst. Man hört wieder die ganz normale Straßenmusik ... Bizet Carmen, Mozart Kleine Nachtmusik, Strauß Walzer, New York New York ... Wie normal, wie schön. Ab nach Hause. Genießen, was wir haben und vielleicht doch noch ein Apfelbäumchen ...?
Tja, mein Schatz – es wird Zeit.
Deine Süße
Nachklapp:
Auch diese Szene ist nun schon wieder 2 Wochen her, Stefan meldet sich fröhlich weiter und von Markus habe ich die originellste und charmanteste Kaffee-Einladung ever bekommen. Beiden habe ich gesagt, dass ich jetzt erst mal mein Leben aufräumen muss – ihr findet mich aktuell zwischen ebay-Kleinanzeigen, Sperrmüll und Kundenservice zu Vertragskündigungen. Und manchmal im Gespräch mit der anderen Seite – wenn mich bspw. eine jüngere Bekannte fragt, wie es sein kann, dass ihr deutlich älterer Freund (Familienvater, noch verheiratet, aber längst getrennt) sich einfach nicht eindeutig und endgültig für sie entscheiden kann. Wahrscheinlich liegen einfach Welten zwischen diesen beiden Lebensvorgeschichten und das macht vorsichtig – und gleichzeitig knistert es bei jeder Begegnung. Wie bei Stefan und mir mit dem Unterschied, dass wir beide Familie haben und uns überhaupt auf Augenhöhe begegnen. Puhhh … jetzt weiter Leben aufräumen … übermorgen kommt der Sperrmüll.
© FTF, Sabine Fuchs und Ulrike Heppel
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