
Be wild
An meine Töchter (und alle jungen Frauen da draußen), die ihr jetzt erwachsen seid oder bald erwachsen werdet ….
Feminismus war schon immer ein Herzensthema für mich, denn immer schon war ich mit Leib und Seele gerne Frau - obwohl mir auch immer klar war, dass in meiner Generation der Babyboomer die Emanzipation noch lange nicht erwachsen geworden ist.
Natürlich hat sich einiges geändert: Als ich 13 war mussten unsere Mütter noch ihre Männer fragen, wenn sie in die Arbeit gehen wollten. Und als ihr auf die Welt gekommen seid, kurz vor der Jahrtausendwende oder kurz danach, gab es noch kein Elterngeld. Es war noch nicht selbstverständlich, sein Kind in die Krippe zu geben und völlig neu waren Männer, die nach der Geburt ihres Kindes eine Auszeit vom Job nehmen wollten. Euer Vater war damals ein Exot und hätte sein Papa-Engagement beinahe mit seinem Job bezahlt.
Überall liest man, die Zukunft sei weiblich.
Trotzdem glaube ich nicht, dass ihr gleichberechtigt leben werdet, denn dafür sind in der Gesellschaft die Türen noch nicht weit genug geöffnet worden, beziehungsweise hat sich die Gesellschaft noch nicht genug weit geändert.
Ich wünsche Euch ...
... eine Gesellschaft, in der wirkliche Gleichberechtigung gelebt werden kann. Das würde konkret beispielsweise heißen, dass sowohl Männer als auch Frauen nur noch 32 Stunden die Woche arbeiten und somit genug Familienzeit für alle bleibt. Diese Idee kommt übrigens von Julia Allmendinger, einer Berliner Soziologin, die sich mit zukünftigen Lebensmodellen auseinandersetzt.
Ich wünsche Euch, dass ihr begreift, dass für eine komplette Strukturveränderung in der Berufswelt die Frauenquote wirklich nötig ist. Vergesst das Argument, dass die Frauenquote nur die Qualifikation der Frau degradiert. Strukturen im Berufsleben werden sich erst verändern, wenn ebenso viele Frauen an Machtpositionen sitzen wie Männer - denn nur die Frauen spüren im Moment die Not. Das fängt bei einer gleichwertigen Bezahlung an und hört mit dem Selbstverständnis auf, dass die Zukunft mehr Flexibilität erfordert und eine 40-Stunden-Woche oder mehr nicht mehr zeitgemäß ist.
Ich wünsche Euch, dass ihr trotz Spaß im Beruf genug Zeit habt, Euch um Eure Kinder zu kümmern. Dass weder ihr noch Eure Männer und schon gar nicht Eure Kinder den Preis bezahlen für eine nicht wirklich existente Gleichberechtigung. Ich wünsche Euch aber auch, dass Eure Generation es dann irgendwann nicht unmännlich findet, wenn sich der Partner mehr um die Kinder kümmert, weil es ihm halt auch einfach mehr Spaß macht.
Ich wünsche Euch eine Gesellschaft, in der Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden, sich nicht mehr rechtfertigen müssen - oder Frauen, die kürzer als ihr Mann Elternzeit nehmen, nicht als karrieregeil abgestempelt werden.
Ich wünsche Euch, dass Familienarbeit - und damit meine ich nicht nur die Erziehung der Kinder und den Haushalt, sondern auch die Pflege der Eltern (denn wir sind eine Riesengruppe, die alt und vielleicht sogar sehr alt werden wird) - sich zukünftig auf Männer und Frauen aufteilt.
Ich wünsche Euch und Eurer Generation von Frauen, dass endlich die klassischen Frauenberufe wie ErzieherIn, KrankenpflegerIn und AltenpflegerIn so bezahlt werden, dass man damit auch eine Familie ernähren kann. Wie kann es sein, dass eine junge Krankenschwester, die auf der Intensivstation arbeitet und jeden Tag Verantwortung für das Leben trägt, gerade einmal ein Drittel von dem verdient, was ein gleichaltriger Junior-Manager in einem großen Unternehmen bekommt?
Ich wünsche Euch, dass ihr Spaß an Eurem Aussehen haben könnt, dies aber eher als einen Ausdruck Eures Selbst seht und nicht, um Männern zu gefallen oder den Normen der Gesellschaft zu gehorchen. Dass die Themen Figur oder Falten für Euch keine Rolle mehr spielen werden. Dass ihr begreift, dass gerade die Verschiedenheit der Menschen schön ist und dass das Aussehen viel mehr ist als die äußere Hülle. Dass die innere Einstellung zu sich selbst ein schönes Außen ergibt.
Ich wünsche Euch, dass Durchsetzungsvermögen irgendwann einmal nicht mehr als Zickigkeit begriffen wird, denn spätestens hier macht #metoo vor keiner Halt. Und dass ihr laut sein dürft, ohne dafür kritisiert zu werden.
I will not be another flower,
Picked for my beauty and left to die.
I will be wild, difficult to find,
And impossible to forget.
Hach genau das wünsche ich Euch. …. Euch tollen jungen Frauen!
#copyright
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