Es lebe die Neugier
Ich war ein neugieriges Kind. Ich wollte alles untersuchen, ausprobieren und testen. Ich war so gespannt darauf, was die Welt mir zu bieten hat, und alles Neue war spannend und ungemein interessant.
Ich bin auch heute noch der Meinung, dass das Bedürfnis nach Abwechslung für mich ungemein wichtig ist. Wichtig, dass ich meine Neugierde nicht verliere und sie unter der Alltagsroutine vergrabe. Denn ich bin sicher, das nähme mir viele Möglichkeiten und Chancen, mein Leben interessant zu halten. Damit wäre meine Entwicklung massiv eingeschränkt. Und das will ich doch auf keinen Fall, oder? Und wie sagte schon Burt Lancaster:
Solange man neugierig ist, kann einem das Alter nichts anhaben.
Phasenweise ziehe ich mich aber schon auch mal ganz bewusst zurück, aus dem sozialen Leben, Kino, Theater, Party, Freunde zu treffen. Ein paar Tage lang tut es meist auch gut, nicht zu erfahren, was es alles Neues gibt. Eine Auszeit von der Welt zu nehmen. Ich habe das Gefühl, das sensibilisiert meine Sinne. Und dann ist es umso spannender, wieder voller Elan und Wissensdrang ins Leben zurückzukehren.
Doch die letzten Monate hat sich die Phase der Auszeit doch etwas sehr lange hingezogen, und ich habe festgestellt, dass mir meine Neugier dadurch tatsächlich auch irgendwie abhandengekommen ist. Vielleicht ein wichtiger Ausblick für die Zukunft? Denn wenn wir älter werden, verlieren wir oftmals unsere Neugier. Und das bedeutet meiner Meinung nach Stillstand.
Zuerst konnte ich die Ruhe und auch das Abgeschnittensein noch genießen oder hinnehmen. Dann gab es irgendwann den Punkt, an dem ich zu nichts mehr so recht Elan hatte. Denn mit der Neugier schwand auch die Lebendigkeit in meinem Leben.
Und was war das Resultat? Ich hatte schlechte Laune und wurde fast träge. Ich glaube, mit dieser Erfahrung war ich nicht alleine. Zumindest haben mir viele meiner Freunde dieses Gefühl bestätigt. Es war so, als ob mir meine Verbindung zur Welt abhandengekommen wäre.
Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will. Galileo Galilei
Umso schöner, dass wir seit einigen Tagen und Wochen wieder einen Zugang zur Welt, zumindest ich zu meiner, bekommen habe.
Die Museen und Theater sind wieder geöffnet, ich kann mich wieder mit Freunden Face-to-Face im Café verabreden, wir sind wieder da, und wir interessieren uns wieder, was es Neues gibt. Von Freunden, von der Kunst, Musik und vom Leben um uns herum.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass uns und auch den Tieren die Suche und das Bedürfnis nach Neuem angeboren ist. Ein natürlicher Instinkt also. Und es ist sogar wissenschaftlich belegt, dass neugierige Menschen, die sich für ihr Umfeld interessieren, einfach auch mehr Glück in ihrem Leben erfahren.
Die Glücklichen sind die Neugierigen. Friedrich Nietzsche
Sicher sind die Menschen verschieden. Die einen haben ein starkes Bedürfnis für Sicherheit und Beständigkeit, während andere den Drang nach Abenteuer und Abwechslung haben.
Aber ich glaube, es ist einfach ungemein wichtig, dass wir im Leben ein bisschen risikofreudig und mutig bleiben. Wir sollten uns den Herausforderungen stellen, neue Entdeckungen machen, alle Überraschungen, die uns erwarten, genießen oder einfach die unerwarteten Gelegenheiten zum Lernen dankbar annehmen. Das sind die Dinge, die uns letztendlich glücklich machen. Deshalb wird es für uns immer wichtig sein, die Neugier in uns zu bewahren.
Da gibt es ein paar wunderbare Anregungen, die Neugier in unserem Leben aufrecht zu erhalten:
Fragen stellen ist natürlich die Mutter der Neugier. Wenn man seinem Gegenüber offenes und aufrichtiges Interesse bekundet, wird man sicher auch eine Antwort erhalten. Vielleicht ist es nicht die, die man erwartet hat. Aber umso interessanter!
Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass sich in den letzten Jahren meine Neugier verändert hat. Es ist mir immer wichtiger geworden, tiefer in die Dinge einzutauchen. Wie gesagt, ich war schon immer neugierig und aufgeschlossen, aber das waren eher die Themen, die mich unmittelbar interessiert oder beschäftigt haben. Jetzt ist es ein Interesse an ganz vielen Themen um mich herum geworden. Politik, Sport und sogar die früher verhassten Tier-Dokumentationen meiner Mama finde ich spannend.
Spannend ist es auch, immer wieder mal etwas Neues auszuprobieren. Das kann etwas banales sein, wie einfach mal den Weg zu ändern, den man täglich geht. Ich habe mittlerweile ungefähr 12 verschiedene Möglichkeiten gefunden, in mein Büro zu laufen. Und immer ist etwas anders und neu. Oder Dinge tun, die uns aus unserer Komfortzone locken. Gewohnheiten durchbrechen und sehen, was passiert. Zum Beispiel allein ins Kino oder Theater gehen, eine neue Sportart ausprobieren, vegan kochen ...
Früher mussten wir ja tatsächlich in Bibliotheken kramen und recherchieren, um beispielsweise Informationen über Themen, die uns interessiert haben, herauszufinden. Umso größer war dann aber auch das Erfolgserlebnis und die Überraschung, wenn wir etwas gefunden hatten. Es war wie ein geschenkter Moment der Inspiration. Also vielleicht gehen wir mal wieder diesen Weg und lassen das Netz Netz sein. Begeben uns auf den alten Pfad der Recherche und freuen uns über jeden Etappensieg und sind neugierig, was wir noch so alles finden.
Die Liebe besteht zu drei Viertel aus Neugier. Giacomo Casanova
In der Regel nehmen wir eine Herausforderung immer an, weil wir an den Erfolg unseres Handelns glauben. Vielleicht sollten wir uns mal wieder bewusst machen, wie wir als Kind an neue Sachen herangetreten sind. „Ich möchte alles wissen und ich möchte alles ausprobieren.“ Und es war uns egal, wie das Experiment ausgehen würde.
Natürlich werden wir, wenn wir neue Dinge ausprobieren, auch mal scheitern oder in einer Sackgasse landen. Aber Risikobereitschaft und Scheitern sind oft auch Bereicherungen, denn wir können daraus wieder Neues erfahren.
Und ich versuche mittlerweile auch Situationen, die mich früher eher gelangweilt oder genervt haben, mit neugierigem Interesse wahrzunehmen. Wenn ich zum Beispiel im Stau oder an der Supermarktkasse stehe. Ich erkunde neugierig meine Umwelt, das Verhalten der Menschen um mich herum. Spannend und kurzweilig, was man da alles so beobachten kann.
Das Resultat: Es lohnt sich auch jeden Fall, sich immer wieder auf etwas Neues einzulassen, neugierig zu sein und neuen Dingen offen entgegenzutreten. Denn Leben heißt doch auch, Neues lernen und in Bewegung zu bleiben. Hört das Lernen auf, hört das Leben auf.
Mein erster Gang war, nach Öffnung der Museen, in eine Ausstellung. Und ich glaube, ich habe noch nie so lange, intensiv und neugierig den Ausführungen des Künstlers auf der Audio-Tour zugehört.
© FTF, Sabine Fuchs und Ulrike Heppel
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Kommentare
Ein Text, der mir aus dem Herzen und dem ganzen Körper spricht. Vielen Dank dafür! Ich werde neugierig bleiben!
Liebe Heike,
das freut mich sehr. Und neugierig bleiben macht das Leben so spannend. ♡ Uli
Ich glaube, die Folgen kennen wir alle. Doch das Bewusstsein für die Ursache, haben wir nicht immer alle deutlich vor Augen. Das Fehlen und das fehlende Auskosten der Neugierde, hinterlässt eine Leere und das bewusst machen und ausleben wiederum eine kindliche Freude. Der Beitrag motiviert geradezu wieder zum Ausprobieren und das werde ich auch gleich tun. Ich marschiere gleich in den (eben nicht) nächsten, sondern übernächsten Baumarkt, um nach tollen Steinen zu suchen, die meine Tochter und ich bemalen können. [Da doch leider im Wald & Feld wenig glatte liegen und die "Nachbarschaft" keine Kiesel mehr in ihre Auffahrten/ Vorgärten legt. Dann möchte ich mit meiner Tochter in Frankfurt essen gehen, dann..... ich realisiere: die Motivation führt sofort zu Aktion..... Habt alle einen schönen Tag! Ich genieße jetzt den kindlichen Aktionismus....
Liebe Susanne,
ganz herzlichen Dank für deinen erfrischenden Beitrag. Und ich finde es großartig, dass du die Anregungen gleich in die Tat umsetzt. Ich finde, von unseren Kindern können wir uns da eine ganze Menge abschauen. Also schön neugierig bleiben ;-) ♡ Uli
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